Langäri: Was Nägel und Scherben erzählen

Bevor die Baumaschinen auffahren, graben auf dem Bauplatz Langäri in Fällanden die Archäologen die Spuren vergangener Zeiten aus.

Rund 25 Meter lang und 8 Meter breit sind die Gräben, die sich über den Bauplatz Langäri in Fällanden ziehen. Sechs Archäologen graben hier im Moment mit Schaufeln und Kellen den Boden weg. Teilweise auf den Knien. An manchen Tagen werden mehrere Tonnen Erde weggeschafft. Der Wind ist kalt und die Schuhe kleben nach dem ausgiebigen Regen am nassen Dreck fest. Das Grundwasser drückt in die Gräben. Eine harte Arbeit für die Archäologen. Wo gerade gearbeitet wird, schützt ein Zelt vor der Witterung. Ein dickes Rohr bläst warme Luft ins Zelt, damit der Boden nicht gefriert – was einen angenehmen Nebeneffekt für die Arbeitenden hat. «Im Winter zu graben, ist nie optimal», meint der wissenschaftliche Leiter der Grabung, Pascal Stöckli, von der Kantonsarchäologie. Weniger wegen der unwirtlichen Bedingungen für die Mitarbeitenden als wegen der Nässe, die Funde im Boden schwieriger erkennen lässt.

Bereits im 19. Jahrhundert wurde auf der Parzelle ein Münzschatz gefunden. Damit war klar, dass vor künftigen Bauarbeiten der Boden archäologisch untersucht werden muss. Um Zeit zu sparen, wird bloss dort gegraben, wo später Gebäude stehen werden, erklärt Stöckli. Begonnen haben die Ausgrabungen im November mit Sondierschnitten. Danach wurden die obersten Erdschichten mit kleinen Baggern sorgfältig abgetragen. «Sobald man aber auf Steine stösst, muss man mit Schaufel und Pickel weitergraben, um keine Funde zu zerstören», begründet der technische Leiter vor Ort, Christoph Hégelé von der Kantonsarchäologie, die momentane Arbeitsweise. Denn ab rund 50 Zentimetern Tiefe stiessen die Archäologen auf sogenannte Steinpakete – Flächen, die unten aus kleineren und oben aus grösseren Steinen bestehen. Diese könnten auf eine Strasse hindeuten.

Unterstützt wird diese Vermutung von vielen gefundenen Schuhnägeln, wie sie in der Zeit der Römer verwendet wurden. Die gefundenen Keramikscherben lassen sich ins 3. bis 4. Jahrhundert datieren. «Die Keramik unterlag Modeströmungen», erläutert Stöckli. «Besonders die Ränder der Gefässe sind für eine Datierung am aussagekräftigsten.» Eine Haarnadel muss eine Reisende auf der Strasse verloren haben. Hunderte Jahre später kam sie wieder ans Licht. Auch eine Lanzenspitze haben die Archäologen gefunden. «Die Interpretation des Gefundenen ist oft erst nach Abschluss der Grabung möglich», erklärt Stöckli. Nachdem die Steinpakete freigelegt sind, wird die Situation fotografiert und zusätzlich gezeichnet. Das ermöglicht es, die Vogelperspektive einzunehmen. Ein Fadenraster erleichtert die Orientierung. Sollte zur Römerzeit durch das Grundstück Langäri tatsächlich eine Strasse verlaufen sein, bleibt offen, weshalb sie später nicht mehr benutzt wurde. «Vielleicht ist der Grund trivial», überlegt Stöckli. «Ein Unwetter könnte ein Teilstück zerstört haben und die Menschen wichen deshalb auf eine andere Strasse aus.»

Besonders gefreut hat Stöckli der Fund eines Schlüssels mit einem stilisierten Tierkopf. «Wahrscheinlich ist es ein Löwe», strahlt Stöckli, der die schönsten Funde aus dem Büro mitgenommen und im Kühlschrank des Baucontainers zwischengelagert hat. «Eiserne Gegenstände müssen kühl gelagert werden, damit sie konserviert sind», erklärt er, während er auch einen Schlüssel aus der Neuzeit aus dem Behälter holt. Dieser stamme eher vom Bauernhof, der seit dem 19. Jahrhundert bis in die 70er-Jahre auf dem Grundstück stand. Die dort lebenden Bauern haben das Feld damals wohl auch entwässert, denn die Archäologen stiessen auch auf Drainagen.

Ausgrabungen seien immer eine Wundertüte, meint Stöckli. Die Fundstücke würden aber etwa dem entsprechen, was erwartet wurde. Eine Überraschung wäre hingegen der Fund einer römischen Villa an diesem Ort. Stöckli glaubt nicht daran. Würde dies jedoch passieren, so müssten die Grabungsarbeiten allenfalls verlängert werden. Bisher sind die Archäologen aber im Zeitplan und rechnen damit, im April mit den Grabungen fertig zu sein, damit der Bau der Siedlung Langäri rechtzeitig starten kann.

 

Impressionen